Atemberaubendes Tempo

Der Patriot/ Lippstädter Zeitung
Lippstadt 14.11.2010

Atemberaubendes Tempo

Die Gruppe Gitanes Blondes spielt beim Benefiz-Konzert des Vereins Orizont in der Jakobikirche. Die Musik des Münchener Quartetts sprüht vor Energie und ist zugleich poetisch.

Es ist wie eine Reise in eine andere Welt, in die die Musiker Mario Korunic (Violine), Konstantin Ischenko (Akkordeon), Christoph Peters (Gitarre) und Simon Ackermann (Kontrabass) von der Gruppe Gitanes Blondes ihre Zuhörer mitnehmen.
Um eine andere Welt ging es auch beim Benefizkonzert in der Jakobikirche, für das der Verein Orizont das Münchener Quartett engagiert hatte. Denn die Einnahmen sowohl aus dem Konzert als auch aus der an dem Abend durchgeführten Verlosung und Versteigerung kommen Frauen aus rumänischen Waisenhäusern und sehr armen Familien zu Gute.
Die Not in dem Land sei sehr groß, hob Irmi Küthe bei der Diapräsentation im Rahmen der Benefiz-Veranstaltung hervor. Selbstverständlich war für den Kulturring Lippstadt mit seinem Vorsitzenden Dr. Reinhard Laumanns deshalb, den Verein Orizont zu unterstützen. “Die Arbeit von Orizont beeindruckt mich”, sagte Dr. Laumanns.
Beeindruckend war auch und vor allem das Konzert der vier Münchner Musiker, die bereits zum zweiten Mal in Lippstadt gastierten und abermals für den guten Zweck auf ihre Gage verzichteten. “Gitanes Blond” entfachten ein musikalisches Feuerwerk. Temperamentvoll, sprühend vor Lebensfreude interpretierten sie die Stücke. Titel wie beispielsweise “Kascha”, “Unsre oide Kat” oder “Solveigs Song” tragen sie. Die meisten ihrer Stücke kündigen die Musiker aber erst gar nicht mit dem genauen Titel an. Und wenn man es genau nimmt, spielen die Titel der Stücke eher eine untergeordnete Rolle. Denn beim Zuhören lässt man sich von den Melodien tragen. Man fällt in die Stücke, die irgendwo zwischen Klassik und Folklore angesiedelt sind, hinein und lässt sich von ihrem atemberaubenden Tempo, aber auch von ihrer ruhigen Poesie tragen.
Notenblätter brauchen die Musiker nicht. Ein kurzer Blickwechsel, ein kurzes Wimpernzucken genügen, und schon fliegt der Bogen über die Geige. Das Akkordeon gibt zaghaft ein paar Töne von sich, und die Gitarre und der Kontrabass runden das Ganze ab. Zwischendurch “verfremden” die Musiker ihre Instrumente, werden Gitarre und Kontrabass etwa zur Trommel. Manche Töne reizt das Quartett aber auch bis zur Schmerzgrenze aus. Ganz langsam streicht Mario Korunic beispielsweise mit dem Bogen über seine Geige. Der hohe Ton piept so intensiv, dass man glaubt, einen Tinnitus zu kriegen. Und dann wechselt von einer Sekunde zur nächsten das Spieltempo. Temperamentvoll, schnittig und kraftvoll sind die Töne. Dabei hat jedes Instrument seine eigene Stimme und seinen eigenen Rhythmus. In dem Stück “Kascha” entsteht auf diese Weise zum Beispiel ein buntes wildes Durcheinander, bei der die überschwängliche Lebensfreude spürbar wird, bevor die Stimmen dann wieder zu einem harmonischen Ganzen zusammen kommen.
Aufregend – das ist die Musik der Gruppe Gitanes Blondes. Ihr Konzert vergisst man nicht so schnell. – Meschede